Kreativität und eine fremde Sprache lernen

Deutsch lernen beim Sprechen und Schreiben über die eigene Biografie

Wie kann man seine eigene kreative Kräfte benützen und dazu eine neue Sprache lernen? Wir sprechen heute zum Thema mit Jolanda Piniel, die Kursleiterin von Ich erzähle meine Geschichte. Den Kurs bietet das MAXIM Theater in Zürich an. Der Kurs ermöglicht, Deutsch beim sprechen und schreiben über eigene Biografie zu lernen. Lucify.ch hat sich über die Möglichkeit eigene kreative Kräfte zu nützen um eine fremde Sprache zu lernen, mit Jolanda Piniel unterhalten.

*Das Gespräch ist im 2 Audio Teilen aufgenommen. Runter scrollen für den zweiten Teil des Interviews!

Teil I: Audio Interview mit Jolanda Piniel

MayaFy: Hallo Jolanda und herzlich willkommen bei Lucify.ch. Der Kurs heisst „Ich erzähle meine Geschichte“. Was ist so besonders in dem Zutritt zu diesem Thema im Zusammenhang mit deinem Angebot für einen Deutschkurs?

Jolanda Piniel: Das spezielle ist dass wir kein Lehrbuch haben, sondern wir haben unseren Geschichten. Jeder und jede hat eine einmalige Geschichte. In diesem Kurs geht darum genau um die eigene Geschichte, um die Wörter zu finden um die Geschichte erzählen zu können. Wir erzählen die Geschichte in der neuen Sprache, also auf Deutsch, und in dem dass wir uns austauschen und darüber schreiben, und auch schauen wie können wir diese Geschichte erzählen, gibt das durch die Sprache, ein Stück neue Heimat. 

MayaFy: Der Kurs findet im Femia statt und es ist für Menschen mit Migrationshintergrund für jede Alter geeignet. 

Jolanda Piniel: Der Kurs ist für Erwachsene die in die Schweiz gezogen sind, aus welchem Grund auch immer, und die ungefähr Niveau B1 haben, geeignet. Also nicht Anfängerinnen und Anfänger, sondern Menschen mit Niveau B1. Man sollte schon ein bisschen etwas können, weil sonst ist der Kurs nicht geeignet. 

Wir verfeinern den Wortschatz, wir schauen was bedeuten die Wörter eigentlich genau, oder wie kann ich die Gerüche im Haus meiner Kindheit beschreiben, oder welche Entscheidungen waren die wichtigsten Entscheidungen in meinem Leben, wo sind diese Punkte in meiner Biografie? Und wenn Grammatikthemen auftauchen, dann machen wir auch ein bisschen Grammatik, zwischendurch, einfach dort wo gerade wichtig ist, aber sonst sprechen und schreiben wir. Zusammen und jede für sich, und dann tragen wir auch zusammen  und diskutieren. 

MayaFy: Sehr schön! Und schlussendlich kann man auch ein Produkt davon bekommen, also ihre/seine eigene Biografie. Könntest du uns die Kurspreisen erklären?

Jolanda Piniel: Der Kurs findet 13 Mal statt, und bei dem dreizehnten Mal gibt es eine kleine Werkschau. Das heisst wir zeigen was wir gemacht haben mit einer Lesung. 

Die Kurspreisen für die Leute die in Stadt Zürich wohnen knapp 200 Franken. Wer aber wenig verdient und eine Kulturlegi hat, der oder die, bekommt man das Geld wieder zurück. Also für die Menschen in der Stadt Zürich, mit niedrigen Einkommen, ist der Kurs ein sehr attraktives Angebot. We ausserhalb der Stadt Zürich wohnt, dort kostet es knapp 400,- Franken und dort gilt die Kulturlegi leider nicht. 

Teil II: Audio Interview mit Jolanda Piniel
Deutsch lernen beim Sprechen und Schreiben über die eigene Biografie

MayaFy: Das ist auf jeden Fall ein ganz spannendes Angebot, weil man damit rechnen kann, dass man am Ende seine eigene Biografie bekommt. Diese Stufe der Sprachkenntnisse wo man fähig ist sich selbst auszudrücken, welche wir in lucify.ch auch versuchen zu erreichen, ist schon anspruchsvoll. Die Frauen am meisten haben die Wunsch zu erzählen, aber die Hindernisse die wir durch die Sprache treffen, das bring Frustration und wir geben es sehr schnell ab.

Jolanda Piniel: Ich wollte es nicht im negativen drehen, im Sinne von dieser Frustration und dass die Leute immer so reagieren „ah, sie ist ein bisschen dumm, sie kann nicht richtig Deutsch,“ oder mindestens dieses Gefühl dass viele haben. Bei meiner Schülerinnen und Schüler zum Teil auch, oder bei dennen die schon lange Deutsch lernen, die Frustration ist immer wieder da. Aber wenn man selber, von sich erzählen kann, dann steht man ganz anders da! Zum Beispiel in einer Bewerbungsgespräch, man weiss dort konnte man, mal beschreiben, die Wörter erfassen, daran arbeiten, nochmals schreiben,  anders schreiben, weiter schreiben und so auch ein Stück lösen. Wenn man dieses Prozess gemacht hat, dann gibt das auch eine Stärke, ein Empowerment. Es geht in diesem Kurs sehr stark um das Empowerment.

MayaFy: Hier finde ich schon den Zusammenhang mit dem Lucify.ch als Projekt. Weil das Empowerment von Frauen ist auch einen von unseren Hauptpunkten. Sich neu finden, diese neue Identität schaffen, das ist etwas was man eben durch erzählen schon gut machen kann. 

Jolanda Piniel: Unbedingt, ja genau. Ich hoffe dass es jetzt mit Corona irgendwie geht. Jetzt ist alles sehr viel komplizierter. Wahrscheinlich müssen wir auch ein bisschen online machen, 

MayaFy: Ich danke dir für dieses Interview und hoffentlich bekommst du gute Studentinnen und Studenten zum Kurs. 

Jolanda Piniel: Vielen Dank für das Interview! Sehr gerne! 

Es gibt ganz verschiedene Deutsch Zertifikate und das wichtigste ist zu wissen: wofür man das Zertifikat braucht? Je nach Ziel und Kontext, kannst Du dein Deutsch testen lassen. 

Quelle: Zeitschrift Zeit Nr. 3-4/21
INFOGRAFIK: Deutsch – Zertifikate in der Schweiz

Über Maya Taneva

Maya kommt ursprünglich aus einer politisch und kulturell stark geprägten Region des Balkans: Mazedonien. Sie ist in den 90er-Jahren in der Hauptstadt Skopje in einer Nachkriegsatmosphäre aufgewachsen. Damals gab es weder eine Kunstszene noch Kunst-Vereine. In diesen schwierigen Zeiten hat sie erkannt, wie wichtig es ist, Zeichen zu setzen und dass es Menschen gibt, die kreativ denken und arbeiten wollen. So war sie seit ihrer Jugendzeit mit verschiedenen kleinen und grossen Engagements in der subkulturellen Szene von Skopje aktiv: Kanal 103 Radio, Locomotion Festival, Dream On Festival… Seit 2012 wohnt sie in der Schweiz und studiert Weltliteratur an der Universität Bern am "Center for Global Studies (CGS)". "Es ist meine Vision, eine aktive Gestalterin und Promoterin der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu sein, die es in multikulturellen Milieus gibt. Insbesondere interessiert es mich, wie man die Rezeption der zeitgenössischen Kulturszene vertiefen und verbessern kann und Räume zu schaffen für multikulturellen Ausdruck, sowie für die Vermittlung zwischen Kultur und Politik."

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