Lateinamerikanische Talente mit Barrieren

Viele berufstätige Frauen aus Lateinamerika kommen in die Schweiz und suchen nach Arbeitsmöglichkeiten. Sie möchten den Beruf ausüben, den sie in ihren Herkunftsländern gelernt oder studiert haben.

Bei ihrer Ankunft in der Schweiz stossen sie jedoch auf eine Reihe von Hindernissen. Diese verhindern sie, sich beruflich weiter zu entwickeln. Als Resultat übt schliesslich die überwiegende Mehrheit einen anderen Beruf aus.

In Kolumbien hat Victoria Márquez Arbeitssicherheit und Arbeitshygiene an der Universität für Ingenieurwesen studiert. Seit einem Jahr und 8 Monaten wohnt sie in der Schweiz. Mittlerweile arbeitet sie in einem Hotel in der Stadt Zürich als Kellnerin und erzählt uns, dass um ihren bisherigen Beruf in der Schweiz auszuüben, müssten sie eine Reihe von Anforderungen erfüllen oder den gleichen Abschluss erneut absolvieren.

A. Hug: Welche Voraussetzungen müssen Sie erfüllen, um als Arbeitssicherheits- und Arbeitshygiene-Beauftragter arbeiten zu können?

V. Márquez: Mein Beruf ist in der Schweiz nicht gültig, deshalb muss ich wieder studieren und eine Ausbildung im Bereich Arbeitssicherheit absolvieren, denn die Schweiz muss diesen Beruf wie auch viele andere Berufe zertifizieren, sonst kann ich nicht arbeiten.

A. Hug: Wie erleben Sie diese Degradierung Ihrer Kompetenzen?

V. Márquez: Es ist eine frustrierende Situation, da ich mich seit Jahren auf dieses Berufsfeld vorbereite und in einem Berufsfeld wie dem der Schweiz anzukommen, das es uns nicht erlaubt, uns in diesem Beruf weiterzuentwickeln, und die Rückkehr zum Studium ein Gedanke ist, den ich verschwendet habe meine Zeit. Die Sprache ist also nicht das einzige Problem.

Maria Fernanda kommt aus Equador. Seit einem Jahr wohnt sie mit ihrer Familie in der Stadt Zürich.
Sie hat sich in Spanien als Krankenschwester ausgebildet und besucht derzeit den Deutschkurs.
Ihr Ziel ist es, in ihrem Berufsfeld wieder arbeiten zu können, allerdings jenseits der Barriere.
Deswegen muss sie Zusatzkurse besuchen, um als Krankenpflegerin arbeiten zu können.

A. Hug: Welche Erwartungen haben Sie bei der Arbeitssuche?

M. Fernanda:

Nun, als erstens, ein Arbeitsplan, dass ich kombinieren kann.

Als weiteres, dass meine Qualifikation als Krankenpflegehelferin anerkannt wird, damit ich meinen Beruf ausüben kann… Und auch dass ich in meiner Karriere weiterkomme, dass ich mich weiterbilden kann. Ich möchte Zahnmedizin studieren. Ich hoffe, dass es auf dieser Weise mir weitere Türen im Berufsfeld öffnen werden… Und dass den Beruf mit der Familie kompatibel sei.

Cristina Büttikofer-Beltrán, Lehrerin des Integrationskurses für Frauen „In Zürich leben“, berichtet,
dass viele im Kurs eingeschriebenen Frauen über einen Berufsabschluss in ihrem Herkunftsland verfügen und nun in einem anderen Bereich arbeiten.
Es gibt auch Frauen, die es trotz Sprach-barrieren haben es geschafft, ihr Studium zu validieren und nun in dem Beruf arbeiten, den sie in ihrem Herkunftsland erlernt haben. Aber das ist eine harte und schmerzhafter Weg.

A. Hug: Frau Büttikofer, Was sind die Haupthindernisse für lateinamerikanische Frauen bei der Arbeitssuche, obwohl sie ihren Beruf bereits in ihrem Herkunftsland gelernt haben?

C. Büttikofer-Beltrán: Der Grund dafür ist, dass die Diplome oft nicht anerkannt werden. Auch die Arbeitserfahrungen, die sie in anderen Ländern haben, wird nicht anerkannt von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.

A. Hug: Welche Bedingungen sollten lateinamerikanische Einwanderer erfüllen , um ihren Beruf auszuüben? Inwiefern ist die Deutsche Sprache ein Hindernis, um ihren erlernten Beruf ausüben zu können?

C. Büttikofer-Beltrán: Die deutsche Sprache ist sehr wichtig, um ihren Beruf ausüben zu können. Aber es kommt auf den Beruf drauf an, meine Erfahrung ist, dass es in Bereich Informatik oder in technischen Berufen auch sehr gute Englischkenntnisse genügen. Oder auch internationale Erfahrung ist ein Vorteil, wenn jemand eine Stelle sucht. Aber manchmal ist es auch nötig, ein Praktikum zu machen, eine weitere Ausbildung, oder Weiterbildung.

A. Hug: Ist die Information über Arbeitsmöglichkeiten für die lateinamerikanischen Einwanderer einfach zu erreichen ? Welche Kanäle benutzt ihr, um solche Informationen zu verbreiten?

C. Büttikofer-Beltrán: Wir haben im Stadthaus einen Welcome Desk. Das ist ein Informationsschalter, wo die Leute aus Lateinamerika und auch aus anderen Ländern hinkommen können und Informationen holen, wenn sie eine Stelle und Arbeit suchen. Sehr wichtig ist das Laufbahn-Zentrum in der Stadt Zürich und das BerufsInformationszentrum (BIZ) zu kontaktieren. Dort kann man Informationen über Berufe und Stellensuche finden.

Die Gründen warum viele lateinamerikanische Frauen in der Schweiz nicht in ihrem Beruf arbeiten, sind vielfältig. Allerdings fragt man sich, ob es sich bei diesen Frauen, die nicht in ihrem eigenen Berufsfeld arbeiten, um Talente handelt, die in der Schweiz verloren sind. Was muss getan werden, damit diese Frauen entsprechend ihrer Ausbildung den vollen Beitrag leisten können?

A. Hug: Können Sie eine Lösung für dieses Problem vorschlagen, mit dem lateinamerikanische Fachkräfte konfrontiert sind?

C. Büttikofer-Beltrán: Eine allgemeine Lösung habe ich leider nicht. Aber es gibt natürlich schon die Möglichkeiten. Das eine ist Diplome anerkennen zu lassen. Dann gibt es verschiedene Coaching Programme. Es gibt zum Beispiel Organisationen wie „Capacity“, wo Fachkräfte, wo es Coaching gibt von Fachkräften für Fachkräfte und dann das Erlernen der deutschen Sprache. Es ist immer wichtig, auch zu überlegen, Weiterbildungen zu machen.

Eine Reportage von Aksabi Hug

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