Bin ich Mutter oder bin ich Frau ?

Ich werde mich in diesem Zusammenhang mehr auf die weibliche Perspektive konzentrieren, weil diese für mich stärker familiär geprägt ist. Immer und immer wieder habe ich um mich herum dasselbe Szenario miterlebt. Ein verliebtes Paar heiratet, bekommt früher oder später ein Kind und entfremdet sich nach einer Weile voneinander, was möglicherweise sogar in der Trennung endet. In dieser sehr vereinfacht beschriebenen Darstellung gibt es mehrere vorhersehbare Aspekte die eine entscheidende Rolle dafür spielen, wie sich die Dinge entwickeln nachdem ein Paar Kinder bekommen hat.

Unser Leben wird davon beeinflusst wie wir Realität wahrnehmen und wir filtern Information durch unsere Überzeugungen und Stereotypen, ohne dass wir uns immer darüber bewusst sind. Wir lernen, unsere Gedanken in Schubladen einzusortieren, die durch gesellschaftliche Normen bestimmt sind. Wir lernen in der frühen Kindheit, was Frau sein bedeutet, was eine Ehefrau zu tun hat, was von einem Mann erwartet werden sollte, wie sich ein Ehemann zu verhalten hat und so weiter. Wir fokussieren uns auf den kulturellen Aspekt der Weiblichkeit und leben abseits von unseren persönlichen Sehnsüchten bezüglich des Frau Seins. Persönliche Wünsche und sogar unsere eigene Reflexion in Hinblick auf weibliche Rollenbilder stellen wir oft in den Hintergrund. Wir nehmen häufig das als „richtige Definition“ und als gegeben an, was uns die Gesellschaft aufbürdet, anstatt uns stärker damit auseinanderzusetzen, was diese Rollenbilder für uns selbst bedeuten.

Solange das Eltern-Sein keine eigene Erfahrung ist, kann jede und jeder nur eine vorgegebene Vorstellung davon haben, wie das Rollenbild diesbezüglich aussehen sollte.

Es ist nicht schwierig, sich ein perfektes Bild des Eltern-Seins auszumalen. Unglaublich schwierig hingegen ist es jedoch, diesem Bild in der Realität auch nur annähernd gerecht zu werden.

In der neuen Rolle als eine liebende und fürsorgliche Mutter erfährst du Freude, Enthusiasmus und unbeschreibliche Liebe für das kleine Wesen. Du würdest für dein Kind zum Mond und zurücklaufen, völlig gleichgültig unter welchen Anstrengungen. Du endest mit schlaflosen Nächten und einer unzulänglichen Ernährung, weil du nur für ein paar Happen zwischendurch Zeit hast, bevor dein Kind wieder deine volle Aufmerksamkeit braucht. Deine Wohnung ist ein Chaos, ungeachtet davon, dass du den ganzen Tag zu Hause mit reinigen, waschen, kochen und all diesen Dingen verbringst. All das scheint von Aussen bedeutungslos zu sein, denn hier zählen nicht die Bemühungen sondern lediglich die Ergebnisse!

Wenn dein geliebter Ehemann und Vater deiner Kinder von der Arbeit zurückkommt, bist du erschöpft. Deine Mutterrolle hat dich ausgelaugt. Für diesen Moment bist du glücklich, dass er sich nun erst einmal eurem Kind widmet und du in Ruhe und Frieden im Badezimmer verschwinden kannst. Natürlich ist er glücklich zu Hause zu sein und Zeit mit dem Kleinen zu verbringen. Allerdings möchte er auch gerne die Frau sehen die er liebt – nicht nur die Mutter des Kindes. Oftmals ist diese Frau jedoch nicht mehr da, weil sie ihre Rolle durch jene der vielbeschäftigten Mutter eingetauscht hat. So reagiert auch er aus seiner Perspektive, manchmal mehr aus der Rolle des Vaters, ein andermal mehr aus der Rolle des Ehemanns und möglicherweise endet er in einem frustrierten Zustand, weil oftmals unklar ist, was genau von ihm erwartet wird.

Ein einfaches Beispiel: Du bittest ihn um Hilfe und er sagt dazu ja; du erwartest seine Unterstützung genau jetzt in diesem Moment und zwar genau so, wie du es selbst auch tun würdest. Er hingegen denkt, dass er auch in den nächsten paar Minuten noch reagieren kann, denn schliesslich zählt letztendlich das Ergebnis. Da du aber keine paar Minuten warten kannst oder willst, erledigst du die Sache schliesslich sofort selbst und erreichst damit eine Irritation auf beiden Seiten. Diese Art des Handelns zeugt von mangelndem Respekt und Vertrauen in den Partner und wenn sie wiederholt auftaucht, untergräbt sie allmählich die Beziehung zueinander.

Wie lässt sich nun mehr Gleichgewicht in dieses Bild bringen? Sicher werdet ihr beide zustimmen, dass ihr eure Familie gemeinsam gestaltet. Ihr seid immernoch die gleichen Menschen, einfach mit veränderten Rollen. Aus dieser Perspektive heraus kannst du selbst entscheiden, welche Stereotypen dir dabei helfen dich weiterzuentwickeln und der Mensch zu sein, der du gerne sein möchtest. Verabschiede dich von jenen Bildern, die dich nur verblenden. Erlaube dir selbst, um Hilfe zu bitten und sie auch anzunehmen. Erlaube deinem Partner dir zu zeigen, dass er immernoch dein Geliebter, dein Freund und gleichzeitig der ebenso mitverantwortliche Elternteil sein kann.

Sobald du realisierst, dass es in der neuen Familienkonstellation so viel Bedarf und Raum für unterschiedliche Rollen gibt, kannst du diese Angelegenheiten neu überdenken und selbst entscheiden, welche Erfahrungen du innerhalb dieser Rollen machen willst. Vor allem kannst du dadurch die Beziehung zu deinem Partner stärken, so dass eure Familie die Chance hat, zu bestehen. Denke nur an die verschiedenen Facetten, die sich in jeder Rolle entfalten können:

Eine Mutter kann liebevoll, fürsorglich, eine grossartige Köchin und eine gute Hausfrau sein. Gleichzeitig kann sie ebenso verspielt und kreativ, streng wenn notwendig und ebenso gut- oder schlecht gelaunt sein.

Eine Frau kann kraftvoll, schön, intelligent, erfinderisch, verspielt und wagemutig sein. Traurig oder glücklich, gesund, sportlich, kreativ, aufmerksam, organisiert etc. Alle Attribute können mit all den verschiedenen Rollen korrespondieren. Es liegt an jeder von uns zu wählen, welche Rolle zu verschiedenen Gegebenheiten unter den jeweiligen Bedingungen die Passende ist.

Geniesse es eine Frau zu sein! Geniesse es Mutter zu sein! Wenn du die Entscheidung triffst, dich als Frau mit deinem Partner wieder neu zu verbinden dann glaube nicht, dass du deshalb eine weniger gute Mutter bist. Du zeigst damit einfach, dass du auch für deine Partnerschaft genug Verantwortung übernimmst!

Über Irina Ciorba

I started my journey by studying Psychology (at Bucharest University, Romania). As I advanced through the Master and Coach programmes with my NLP studies (at the Kutschera Institut, Austria), it became clearer and clearer that this is what I want to do with my life – accompany people in their journey towards a better life, full of joy and positive feelings. I’ve been working as a coach for the past 10 years and I’ve created and implemented personal developed programmes for children together with partners from Romania and Switzerland.

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