Gleichberechtigung und Gewalt gegen Frauen in Nord- und Mitteleuropa

Die EU-Länder, allen voran die skandinavischen Länder Schweden und Dänemark, gelten in Punkto Gleichberechtigung als fortschrittlich und vergleichsweise transparent. Einen vertretbaren Zustand bedeutet das allerdings noch lange nicht. Es ist im Gegenteil umso mehr erschreckend, wie hoch die Zahlen häuslicher, körperlicher und sexueller Gewalt an Frauen auch in diesen Ländern noch immer sind und wie langsam die Gesetzgebung in Punkto Frauenrechte auf diese Missstände reagiert.

Eine aktuelle Erhebung der Agentur für Grundrechte (European Agency for fundamental Rights – FRA) der Europäischen Union, deckt folgende Zahlen innerhalb der EU auf :

Befragung zu erlebter körperlicher und/oder sexueller Gewalt bei Frauen und Mädchen ab dem 15. Lebensjahr:

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Mitteleuropa: Nordeuropa:
Schweiz: 22%

Deutschland: 35%

Österreich: 20%

Luxemburg: 38%

Belgien: 36%

Niederlande: 45%

Frankreich: 44%

Dänemark: 52%

Finnland: 47%

Schweden: 46%

Estland: 33%

Litauen: 31%

Lettland: 39%

Irland: 26%

UK: 44%

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Laut dieser statistischen Erhebungen bedeutet Gleichberechtigung per Gesetz deshalb nicht automatisch weniger sexuelle Übergriffe. Die Erhebungen scheinen hier zahlenmässig eher das Gegenteil darzustellen, wobei es aber einen wichtigen Punkt unbedingt zu beachten gibt. .Simone Eggler von Terre des Femmes Schweiz hat an unserem Lucify Live Talk vom 21.11.2019 darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche Gleichstellung mit grosser Wahrscheinlichkeit zugleich eine grössere Offenheit bei den Frauen bewirkt, über diese Vorfälle auch zu sprechen. Diese Erklärung erscheint besonders in Anbetracht der Zahlen aus Ländern wie Schweden, Dänemark oder Frankreich logisch, die in der aktuellen Studie des Weltbankinstituts in der Gleichberechtigung per Gesetz am besten abschneiden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass in Ländern wie der Schweiz, Österreich oder Irland die Dunkelziffern deutlich höher liegen als die offiziellen Zahlen in der Statistik.

Die aktuelle Befragung von Amnesty International Schweiz hat aufgedeckt, dass 49% aller betroffenen Frauen in der Schweiz einen oder mehrere Vorfälle sexueller Gewalt für sich behalten haben, nur 8% erstatteten Anzeige.

Schweiz

Im Auftrag von Amnesty International wurde 2019 eine schweizweite Umfrage mit 4500 Frauen, bezogen auf sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen ab dem 15. Lebensjahr, durchgeführt. Die prozentualen Ergebnisse:

22% – haben mindestens einmal im Leben sexuelle Übergriffe erlebt

12% – wurden vergewaltigt

59% – haben sexuelle Belästigung erlebt

49 % aller Frauen haben den Vorfall sexueller Gewalt für sich behalten ! Nur 8% brachten den Vorfall zur Anzeige. Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz 1.291 Straftaten in Zusammenhang mit sexueller Gewalt an Frauen bei der Polizei registriert. Der Begriff des Femizid, der mutmasslichen Tötung von Frauen, ist zudem in der Schweiz wie auch in anderen europäischen Ländern laut Terre des Femmes Deutschland bisher noch nicht offiziell anerkannt.

Gleichberechtigung allgemein

Laut der aktuellen Studie Women, Business and the Law 2019 des Weltbank- Instituts IBRD wird nur in den Ländern Schweden, Dänemark, Belgien, Frankreich, Lettland und Luxemburg Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen auch per Gesetz definiert. Für die Studie wurden durch das Institut die Gesetze in 187 Ländern untersucht. Deutschland liegt auf Platz 31, die Schweiz auf Platz 70 – noch hinter Ländern wie Kenia, Malawi oder Bolivien !

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Im „Gender Equality Index“ 2019, der jährlich vom europäischen Institut für Gleichstellungsfragen herausgegeben wird, sind die Länder Schweden, Dänemark, Frankreich, Finnland und Grossbritannien auf den führenden Rängen.

Schweden erreicht mit 83,6 von möglichen 100 Punkten zu Gleichstellungsfragen das mit Abstand beste Ergebnis. Deutschland liegt auch hier mit 66,9 Punkten weit zurück und hat in vielerlei Hinsicht Nachholbedarf.

Schweden: 83.6

Dänemark: 77.5

Frankreich: 74.6

Finnland: 73.4

Grossbritannien: 72.2

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